Mitarbeitende von Grossbäckereien riskieren Fehlbelastungen, wenn sie stundenlang dieselben Bewegungen ausführen. Bei Coop werden zum Schutz des Personals von SWICA konzipierte Ergonomie-Massnahmen umgesetzt und gemeinsam weiterentwickelt.
Gipfeli, Brötli, Sandwiches, Früchtekuchen – frisches Klein- und Feingebäck für die schnelle Verpflegung ist im Büroalltag sehr präsent. Gemäss dem Marktbericht «Brot und Getreide» des Bundesamts für Landwirtschaft BLW wurden 2021 im Schweizer Detailhandel Brot- und Backwaren im Wert von 2413 Millionen Franken eingekauft. Der Anteil der Backwaren betrug zwanzig Prozent.
Damit das Angebot breit und fast jederzeit verfügbar sein kann, wird hinter den Kulissen intensiv produziert. In der 2016 eröffneten Coop Grossbäckerei in Schafisheim AG sorgen insgesamt 600 Mitarbeitende dafür, dass Backwaren hergestellt werden und täglich in die Coop-Märkte gelangen. Total 60 000 Tonnen Backwaren pro Jahr gehen trotz modernster Technologie auch durch die Hände der Mitarbeitenden.
Die riesigen Produktionsmengen pro Artikel erfordern stundenlange Einsätze am Fliessband. Repetitive Bewegungen sorgen für eine hohe Effizienz in der Herstellung, bei den ausführenden Personen können sie aber gesundheitliche Beschwerden verursachen. Weil sich beim Personal der Bäckerei Gelenkprobleme häuften, wurde das BGM von Coop aktiv und beauftragte SWICA, BGM-Partner und Krankentaggeldversicherer, mit der Durchführung ergonomischer Assessments.
Individuelle Analyse und Beratung
Die Evaluation der Arbeitsverhältnisse und des Arbeitsverhaltens zeigte: Einige der Mitarbeitenden in der Coop Grossbäckerei sind schon lange am gleichen Arbeitsplatz tätig und führen dabei immer gleiche repetitive Bewegungen aus. Solche eingeschliffenen Bewegungsmuster beanspruchen Gelenke und Muskeln einseitig. Es braucht alternative Bewegungsabläufe. Zum Beispiel die Oberarme statt der Unterarme belasten. Oder mit der linken Hand arbeiten statt mit der rechten.
Sich alternative Bewegungsabläufe einzuprägen ist eine Frage des Verständnisses und der Routine. Zur besseren Anschauung für das multikulturell zusammengesetzte Bäckereipersonal wurden wie schon für die Coop Produktions- und Logistikzentren (siehe «Coop stützt der Produktion den Rücken» vom 3. Februar 2022) vier rund halbminütige Videos produziert. Sie zeigen, wo Gefährdungspotenzial liegt und was jeder und jede Mitarbeitende selber aktiv ändern kann, um eine Verbesserung herbeizuführen (LINK zu den Videos).
Arbeitsorganisation und Infrastruktur
Die nächste Ebene von BGM-Massnahmen ist die operative Arbeitsorganisation. Um eine Wechselbelastung des Körpers zu gewährleisten, wird in kürzeren Zeitabständen der Arbeitsplatz gewechselt – also beispielsweise alle zwei Stunden von einer Position zur nächsten rotiert. «Arbeitsrotationen sind einfache, aber sehr wirksame Massnahmen», bestätigt Andy Zülle, Leiter Produktion Konditorei Schafisheim.
Die dritte angestrebte Massnahmenebene betrifft die Infrastruktur. An gewissen Fliessbändern würden Stehhilfen für Entlastung sorgen, lautet die Empfehlung, die, wo möglich, umgesetzt wurde. Auch betreffend Lüftungstechnik brachten sich die BGM-Spezialisten von SWICA ein. Auf ihre Initiative werden die Öffnungen der Lüftungsrohre an der Decke mit feinem Kunststoffgewebe überzogen, damit der kalte Luftstrom die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weniger direkt erreicht. Beschwerden im Nacken und Schultergürtel sowie Erkältungen hatten vorgängig deren Wohlbefinden und Arbeitsleistung beeinträchtigt.
Sollen Ergonomie-Massnahmen möglichst rasch zu den gewünschten Ergebnissen führen und Mitarbeitende spürbar entlasten, ist Konsequenz und Nachhaltigkeit erforderlich. Die eigens geschulten Führungskräfte in der Coop Bäckerei übernehmen die Rolle von «Ergonomie Champions»: Sie beobachten ihre Mitarbeitenden quartalsweise mit Fokus auf einen bestimmten Aspekt und leiten sie, falls nötig, zu einem ergonomischeren Bewegungsverhalten an. Mit dem Ziel, dass die Herstellung frischer Coop-Backwaren bei den geschickten Macherinnen und Machern möglichst wenig Beschwerden verursacht.