Innovative Technologien wie elektronische Medien und Apps eröffnen unzählige Möglichkeiten, um unser Leben einfacher oder unterhaltsamer zu gestalten. Doch die digitalen Medien können auch Schattenseiten haben. Die im November 2022 letztmalig aktualisierte Gesundheitsbefragung des Bundesamtes für Statistik (BFS) zeigt, dass knapp 4 Prozent der Schweizer Bevölkerung eine problematische Internetnutzung aufweisen.
Sich vom Handy wecken lassen und vor dem Einschlafen noch schnell die WhatsApp-Nachrichten checken: Der Griff zum Smartphone ist für Viele die erste Handlung am Morgen und die letzte am Abend. Ob im Homeoffice, unterwegs oder im Büro ‒ auch der Berufsalltag ist ohne Tablets, Laptops und digitale Medien nicht mehr denkbar. Eine übermässige Mediennutzung kann jedoch zu gesundheitlichen und sozialen Problemen führen. Im Referat/Workshop Digitale Achtsamkeit des SWICA-Präventionsmanagements lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Zusammenhänge zwischen der Nutzung der digitalen Medien und der Gesundheit kennen. Zusammen mit SWICA-Präventionsspezialistin Daria Lehmann reflektieren die Teilnehmenden ihr eigenes Verhalten und erhalten Tipps für einen bewussten Umgang mit den digitalen Medien.
Übermässiger Medienkonsum birgt Risiken
In Verbindung mit einer übermässigen Nutzung digitaler Medien können folgende gesundheitlichen Schwierigkeiten entstehen:
- Bewegungsmangel und Übergewicht und als Folge davon muskuloskelettale Beschwerden und Schmerzen am Bewegungsapparat, beispielsweise der sogenannte «Handynacken»
- Schlafstörungen und erhöhter Blutdruck
- Probleme beim Abschalten und der Abgrenzung von Berufs- und Privatleben, mit Folge von möglichen negativen Auswirkung auf Beziehungen und berufliche oder schulische Leistungsfähigkeit
- Allfällige Abnahme von Empathie, Zunahme von Depressions-Symptomen
- Kurzsichtigkeit
«Always on»: permanent erreichbar
Den modernen Kommunikationsmitteln sei Dank sind wir jederzeit informiert über das Weltgeschehen. Getrieben von der Angst, ja keinen Trend zu verpassen, gefesselt von der Idee, die neusten Entwicklungen stets im Blick haben zu müssen und erpicht darauf, sich ja keine Chance entgehen zu lassen, sind wir fast nonstop online. Bei Menschen mit einem Bürojob kommt so schnell eine durchschnittliche Bildschirmzeit von 10 Stunden pro Tag zusammen. Hält diese ständige Aktivierung über längere Zeit an, kann die physische und psychische Belastung steigen.
Es lohnt sich daher, sich mit der eigenen Mediennutzung auseinanderzusetzen und sich selbst kritisch zu fragen: «Wie viel Zeit verbringe ich jeden Tag vor dem Handy, PC, Fernsehen»? «Was macht das permanent auf allen Kanälen unterwegs sein mit mir»? «Benutze ich die sozialen Medien, um mich zu informieren, aus Langeweile oder um mich abzulenken»?
Internetnutzung: nicht das Medium ist problematisch, sondern der Umgang mit den Anwendungen
Die Resultate der letzten Gesundheitsbefragung zeigen, dass 3,8 Prozent der Schweizer Bevölkerung ab 15 Jahren, umgerechnet also rund 270’000 Personen, einen problematischen Umgang mit dem Internet haben. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen, und in der französischen Schweiz ist die Problematik weiterverbreitet als in der Deutschschweiz und im Tessin. Je urbaner die Region, desto höher sind die Zahlen. Die Altersgruppe der 15 bis 24-Jährigen ist mit einer Quote von 11,2 Prozent jene Altersgruppe mit der deutlich höchsten Häufigkeit. Während jüngere Personen die digitalen Medien sehr viel länger nutzen als Ältere, haben Erstere dafür eine ausgeprägtere Medienkompetenz und befassen sich unter Umständen vertiefter mit den Auswirkungen ihres Konsums.
Experten sind sich einig, dass es nicht das Medium selbst, sondern die Anwendungen und unser Umgang damit sind, die zu einer problematischen Internetnutzung führen und möglicherweise eine Sucht auslösen können.
Handy, Apps, E-Mail und Co. gezielt nutzen
Studien zeigen, dass Unterbrechungen zu den grössten Stressfaktoren am Arbeitsplatz zählen. Wer sich durch jede eingehende Nachricht (E-Mail, Newsticker, SMS, etc.) ablenken lässt und das Gefühl verspürt, sofort darauf reagieren zu müssen, verliert den Fokus. Dafür gibt es einen möglichen Lösungsansatz, der gleichzeitig die Effizienz steigern kann: fixe Zeiten für die Beantwortung von E-Mails und sonstigen eingehenden Nachrichten einplanen. Und ‒ allenfalls in Absprache mit dem Team ‒ Regeln hierfür definieren: beispielsweise am Morgen, nach der Mittagspause und vor Arbeitsschluss. Bei der Reflektion zur individuellen Mediennutzung lohnt es sich, sich mit folgenden Fragestellungen zu beschäftigen: Welche Kanäle, Apps, etc. sind mir wirklich wichtig? Und was kann ich noch für eine achtsame Nutzung der digitalen Medien tun?
Es empfiehlt sich zudem, die Pausen als Auszeit vom Bildschirm zu nutzen um die Augen, speziell bei Bildschirmarbeit, zu entlasten.
Manchmal genügt es bereits, die Gewohnheiten etwas zu verändern. Im Workshop Zeitmanagement eruieren die Teilnehmenden zusammen mit den Expertinnen und Experten des SWICA-Präventionsmangements ihre Zeitfresser und erarbeiten individuelle Lösungen, um diese zu beheben.
Kein Bildschirm vor dem Schlafen gehen
Die intensive Nutzung von Mobiltelefonen mit dem Blaulicht vor dem Zubettgehen oder auch eingehende Anrufe oder Nachrichten während der Nacht können den Schlaf stören. Wer 90 Minuten vor dem Zubettgehen das Handy weglegt oder ausschaltet, um herunterzufahren, kann das Einschlafen positiv beeinflussen. Auch hier lohnt es sich zu überlegen, welchen Nutzen das Handy im Schlafzimmer hat und ob es einem guttut.
Digitale Medien: raus aus der ständigen Erreichbarkeit
Diese Empfehlungen können zur digitalen Entschleunigung beitragen:
- Push-Nachrichten auf dem Handy deaktivieren
- Apps reduzieren, bzw. unnötige Apps löschen
- Auch ohne Flug öfter in den «Flugmodus» schalten
- «Singletasking» anstatt «Multitasking»
- Den Tag bewusst gestalten: vom Erwachen, der Arbeit bis zum zu Bett gehen
- Für Fortgeschrittene: Bewusst bildschirmfreie Zeiten, allenfalls sogar Wochentage, einplanen
- Micropausen zur Entlastung der Augen
Wir können und sollen die digitalen Medien nicht komplett aus unserem Alltag verbannen. Wer sich mit seiner persönlichen Mediennutzung bewusst auseinandersetzt und sich genau überlegt, welche Apps und Kanäle wie genutzt werden sollen, für den sind digitale Tools und Medien sinnvolle Hilfsmittel zur Informationsbeschaffung, Kontaktpflege und Unterhaltung. Wer zudem die zeitliche Nutzung im Griff hat, ist auf dem besten Weg zu einer gesunden «Life-Media-Balance».