Business Blog Exoskelett Jumbo Logistikzentrum

Die hohe Arbeitsintensität und die steigenden Anforderungen in der Logistik führen zu einer zunehmenden Belastung des Körpers. Selbst gut trainierte Mitarbeitende stossen immer häufiger an ihre Grenzen. Richtig eingesetzt, können Exoskelette vorübergehend Entlastung schaffen. Coop hat die Stützkorsette im Logistikzentrum des Jumbo E-Shops in Bülach getestet.

In der Industrie, im Handwerk und überall dort, wo Beschäftigte monotone, repetitive Tätigkeiten mit hohen Belastungen ausführen müssen, können gesundheitliche Probleme auftreten. Sind organisatorische Entlastungsmassnahmen ausgeschöpft oder nicht möglich, können technische Hilfsmittel Unterstützung leisten. So kann ein Exoskelett die Arbeit erleichtern und die muskuloskelettale Gesundheit verbessern. Ursprünglich für die Rehabilitation insbesondere neurologischer Erkrankungen entwickelt, halten technische Assistenzsysteme zunehmend Einzug in Unternehmen.

Rund 60 Mitarbeitende sorgen im 5’000 Quadratmeter grossen Logistikzentrum der Coop-Tochter Jumbo in Bülach täglich für eine reibungslose Abwicklung der Kundenbestellungen. Das Sortiment umfasst etwa 75’000 Produkte. Ob Taschenlampe, Grill oder Hochdruckreiniger – die im Online-Shop bestellten Artikel, die sich in Gewicht, Grösse, Form und Handhabung stark unterscheiden, müssen von den Logistikmitarbeitenden kommissioniert und verpackt werden. Je nach Saison werden zwischen 500 und 2’000 Bestellungen pro Tag bearbeitet. Eine grosse Belastung für die Wirbelsäule und die angrenzenden Gelenke. Tarik Eichkorn, Leiter Logistik Jumbo eCommerce, und Patrick Weibel, Leiter BGM Coop, haben deshalb zusammen mit dem Präventionsmanagement von SWICA einen Pilotversuch durchgeführt, um herauszufinden, unter welchen Bedingungen der Einsatz von Exoskeletten sinnvoll sein könnte. Dieser Test fand im April und Mai 2024 mit acht Testpersonen statt.

Sorgfältige Evaluation und fachmännische Begleitung sind entscheidend

Die Evaluation des geeigneten Modells und die Einführung von Exoskeletten erfolgen häufig ohne professionelle medizinische Beratung. Zudem wird im Vorfeld oft zu wenig abgeklärt, an welchen Arbeitsplätzen ein Stützkorsett sinnvoll ist und wie oft es getragen werden kann. Bei SWICA wird in einem ersten Schritt geprüft, ob die Arbeitsbedingungen durch arbeitsorganisatorische Erleichterungen wie die Einführung von Jobrotation oder durch technische Veränderungen wie die Anpassung der Arbeitshöhe erleichtert werden können. Erst wenn diese Möglichkeiten ausgeschöpft sind, ist der Einsatz eines Exoskeletts opportun.

Erstellung persönlicher Entlastungsstrategien

Bei der Analyse der Arbeitsplätze der Jumbo-Mitarbeitenden achteten die SWICA-Präventionsspezialisten mit physiotherapeutischem und ergonomischem Hintergrund auf die belasteten anatomischen Strukturen. Mittels Funktionsanalyse und Leistungstests wurde der muskuloskelettale Gesundheitszustand der Teilnehmenden erhoben. Anhand der Analyseergebnisse wurden das passende Modell (Entlastung Schulter, Wirbelsäule und/oder Beine) und die geeigneten Testpersonen ermittelt. In einem ersten Beratungsgespräch erhielten die Teilnehmenden einen individuellen Nutzungsplan, in dem genau festgelegt wurde, wie oft das Exoskelett getragen werden sollte.

Individuelle Testphase mit persönlicher Betreuung

Während zwei Monaten testeten die acht Logistikmitarbeitenden die Exoskelette gemäss ihrem persönlichen Nutzungsplan. Während der Testphase hatten sie Anspruch auf drei persönliche Beratungsgespräche à 90 Minuten inklusive einer Standortbestimmung.

Mit Unterstützung eines digitalen Befragungstools wurden das Schmerzverhalten, der muskuloskelettale Zustand, der Einfluss einzelner Arbeitsschritte auf das Wohlbefinden sowie der Tragekomfort und die Handhabung des Exoskeletts erhoben. So waren die Präventionsspezialisten von SWICA jederzeit über den Zustand ihrer Testpersonen informiert. Bei Bedarf konnte der Nutzungsplan jederzeit angepasst werden. Zudem erhielten die Testpersonen Übungen zur Förderung der Beweglichkeit oder ihrer Körperkraft und wurden motiviert, selbst aktiv etwas für ihre Gesundheit zu tun.

Unterschiedliche Wahrnehmungen nach der Testphase

Am Ende der Testphase wurde eine Gesamtbeurteilung durchgeführt. Die Mehrheit der Logistikmitarbeitenden war der Meinung, dass sich das Exoskelett positiv auf ihre Gesundheit auswirkt. Einige Testpersonen nahmen weder einen positiven noch einen negativen Effekt wahr und zwei Personen sahen überhaupt keinen Nutzen im Tragen des Stützkorsetts. Vereinzelt verspürten die Probanden weniger Rückenschmerzen (möglicherweise auch durch die Übungen) und nahmen Erleichterungen bei bestimmten Arbeitsabläufen wahr. Kritisiert wurden unter anderem der verminderte Tragekomfort bei Hitze und das Einschneiden der Beinschlaufen.

Patrick Weibel, Leiter Coop-BGM, fasst zusammen: «Exoskelette sind Hilfsmittel, die unter Berücksichtigung verschiedener fachlicher Aspekte und je nach betrieblicher Situation und individueller körperlicher Verfassung der Testpersonen sinnvoll und unterstützend sein können. Um die positive Wirkung auf den Ebenen Mitarbeitende, Betrieb und Kultur sicherzustellen, ist eine enge und zielgerichtete Kommunikation notwendig.»

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