Die Zahlen von Gesundheitsförderung Schweiz lassen aufhorchen: 38 Prozent der Schweizer Bevölkerung fühlen sich mittel bis stark psychisch belastet. Je früher psychische Probleme angegangen werden, desto grösser sind die Chancen, sie zu bewältigen. Der Arbeitgeber Kanton Aargau hat dies erkannt und den Gesundheitstag im Jahr 2024 ganz dem Thema psychische Gesundheit und Resilienz gewidmet.
Als fortschrittlicher und verantwortungsbewusster Arbeitgeber setzt der Kanton Aargau auf ein systematisches betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Um diesem Anliegen mehr Gewicht zu verleihen, organisierte er in Zusammenarbeit mit dem SWICA Präventionsmanagement einen Gesundheitstag ‒ 2024 ausschliesslich zum Thema psychische Gesundheit. «Hauptziel des Anlasses war es, die Thematik nach den letztjährigen Sensibilisierungsveranstaltungen nachhaltig bei uns zu verankern», sagt Adrian Reber, Leiter Fachstelle BGM des Kantons Aargau. Zoe de Feo, Spezialistin Präventionsmanagement bei SWICA und Projektleiterin des Anlasses, ergänzt: «Wir wollen den Teilnehmenden konkrete Werkzeuge und Strategien vermitteln, damit sie ihre eigene psychische Gesundheit stärken können.

Gemeinsam für psychische Gesundheit: ein Parcours für das Wohlbefinden
Ob beruflich oder privat; psychische Belastungen betreffen uns alle und begleiten uns durch sämtliche Lebensphasen. Gesellschaftliche Krisen, schwierige Situationen im Privatleben oder Leistungsdruck und hohe Anforderungen in der Arbeitswelt ‒ die Einflussfaktoren auf die psychische Gesundheit sind vielschichtig. Resilienz, also die Fähigkeit, belastende Ereignisse dank innerer Stärke zu bewältigen und danach wieder einen Weg zurück ins Leben zu finden, könne man sich bis zu einem gewissen Grad durch persönliche Erfahrungen und Techniken aneignen, sagt Saskia Zehnder, Abteilungsleiterin Präventionsmanagement bei SWICA.
Lara Niklaus, Psychologin und Spezialistin für Präventionsmanagement bei SWICA, bat die Teilnehmenden in der Eröffnungssequenz mit einer Mentimeter-Umfrage, mögliche Belastungen für ihre psychische Gesundheit zu benennen. Häufig genannt wurden Stress, Zeitmangel, Schlafmangel, Konflikte und der Umgang mit den Vorgesetzten. Die gute Nachricht: So wie Sport und eine ausgewogene Ernährung nicht nur unsere körperliche, sondern auch unsere psychische Gesundheit fördern, können wir durch gezielte Massnahmen unsere mentale Gesundheit präventiv stärken und lernen, Warnzeichen bei uns selbst und anderen frühzeitig wahrzunehmen. Ansätze dazu konnten die Mitarbeitenden des Kantons Aargau in einem Parcours mit verschiedenen interaktiv gestalteten und niederschwelligen Erlebnissequenzen mit konkreten praktischen Übungen kennenlernen.
Verhaltensänderungen richtig deuten und frühzeitig handeln
Psychische Erkrankungen und Belastungen treten selten von heute auf morgen auf. Sie entwickeln sich schleichend über einen längeren Zeitraum. «Je früher wir bei uns selbst etwas ändern oder andere bei Anzeichen darauf ansprechen, desto besser», sagt Fabian Bierer, Senior Spezialist Präventionsmanagement bei SWICA. Doch wie machen sich Belastungssymptome bemerkbar?
Zu den wichtigsten psychischen Warnsignalen gehören:
- Schlafstörungen
- Nervosität
- Energiemangel
- Traurigkeit
- Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten
- Körperliche Probleme wie Magenschmerzen, Kopfweh, Übelkeit, Herzklopfen, Verspannungen oder Verdauungsbeschwerden
Verhaltensänderungen können ein Hinweis auf eine Belastungssituation sein, erklärt Fabian Bierer. Kommt jemand oft zu spät, häufen sich die Kurzabsenzen, treten Leistungsschwankungen oder Konflikte im Team oder mit Vorgesetzten auf, ist es ratsam, genauer hinzuschauen und die Person darauf anzusprechen. Auch Gereiztheit, ein ungepflegtes Erscheinungsbild und eine Gewichtszunahme oder -abnahme können auf psychische Probleme hindeuten.
«Wenn es jemandem im privaten oder beruflichen Umfeld zunehmend schlechter geht, sollte man seine Hilfe anbieten», sagt Bierer. Das müsse man aber nicht immer allein tun. In bestimmten Situationen sei es sinnvoll, die vorgesetzte Person um Hilfe zu bitten, die Personalabteilung einzubeziehen oder externe Unterstützungsangebote zu nutzen. Es sei wichtig, für das Gespräch einen Rahmen zu schaffen, in dem sich die betroffene Person wohl fühle, und in einer wertschätzenden und nicht wertenden Art und Weise mit ihr zu sprechen. Man dürfe aber nicht erwarten, dass die Person sofort auf das Gesagte eingeht, sondern müsse ihr Zeit geben, um darüber nachzudenken.
Dauerstress ade: Entspannungstechniken für mehr Energie
Stress ist zu einem prägenden Element des modernen Büroalltags geworden. Langfristig kann chronischer Stress die Gesundheit beeinträchtigen, sowohl im physischen als auch im psychischen Bereich. Doch wir sind dem Stress nicht hilflos ausgeliefert.
In frei wählbaren Erlebnissequenzen wurden die Teilnehmenden auf Risiken von Dauerstress sensibilisiert und lernten verschiedene Bewältigungsstrategien kennen: So lernten sie, ihre persönlichen Kraftquellen und Energieräuber zu identifizieren, fanden durch die Reflexion in der Gruppe kreative Lösungsansätze und erfuhren, wie sie durch einen bewussten Umgang mit Belastungen und Ressourcen ihre Resilienz stärken und ihr Energielevel steigern können. Darüber hinaus erhielten sie einen Einblick in die Zusammenhänge von Angst und Grübeln und bekamen Tipps, was sie dem Angst-Grübel-Kreislauf entgegensetzen können.
Mit Hilfe der Qiu-Entspannungskugel ‒ einem mobilen Biofeedback-Gerät, das über einen Sensor die Herzratenvariabilität (HRV) misst und je nach Zustand des vegetativen Nervensystems die Farbe wechselt ‒ erlebten die Workshop-Teilnehmenden auf spielerische Art und Weise, wie sie ihre Atmung bewusst steuern und verschiedene Atemtechniken zur Entspannung einsetzen können.

Zudem erhielten die Mitarbeitenden eine Einführung in die progressive Muskelentspannung nach Jacobson ‒ eine Entspannungsmethode, die sich gut in den Alltag integrieren lässt. Bei den Übungen werden bestimmte Muskelgruppen abwechselnd angespannt und entspannt. Dadurch wirkt man stressbedingten Muskelverspannungen entgegen, die Atmung wird ruhiger, der Puls verlangsamt sich und der Blutdruck sinkt.
Abwechslungsreicher Themenmix mit hohem Praxisbezug
Im Anschluss an den Gesundheitstag konnten die Mitarbeitenden des Kantons Aargau an einer Online-Befragung teilnehmen. Besonders geschätzt wurden die Themenvielfalt, der Praxisbezug sowie die authentische und professionelle Vermittlung der Inhalte durch die Referentinnen und Referenten. Auch der persönliche Austausch und die konkreten Übungen und Methoden zur Stärkung der psychischen Gesundheit wurden sehr positiv beurteilt.
Adrian Reber von der Fachstelle BGM resümiert: «Der Gesundheitstag hat wie gewünscht die Brücke geschlagen zwischen den in den letzten zwei Jahren durchgeführten Sensibilisierungsworkshops zur psychischen Gesundheit und unserem laufenden Präventionsangebot im betrieblichen Gesundheitsmanagement. Das grosse Interesse am Gesundheitstag zum Umgang mit psychischer Gesundheit bestärkt uns, das bestehende Angebot zur Gesundheitsprävention auf dem Intranet der kantonalen Verwaltung weiter auszubauen.»